Lichtverschmutzung - Gefahr für Mensch & Natur im Saarland
1. Ausgangslage
Die zunehmende Lichtverschmutzung stellt eine wachsende Bedrohung für Biodiversität, menschliche Gesundheit und Klimaschutz dar. Als Lichtverschmutzung bezeichnet man die künstliche Aufhellung des Nachthimmels durch menschengemachte Lichtquellen. Weite Teile des Saarlands und besonders der verdichtete Siedlungsraum im Regionalverband Saarbrücken sind besonder stark durch Lichtverschmutzung betroffen (Quelle: www.lightpollutionmap.info)
Laut aktuellen Studien nimmt die Lichtverschmutzung in Europa jährlich um etwa 6,5% (Quelle: https://www.science.org/doi/10.1126/science.abq7781) zu. Diese Entwicklung hat erhebliche negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und steht im Widerspruch zum Artenschutz und zu unseren Klimaschutzzielen.
So werden nachts in Deutschland etwa 4 Milliarden Kilowattstunden Strom für die Beleuchtung von Straßen, Wegen und öffentlichen Plätzen verbraucht (Quelle: https://www.energieatlas.bayern.de) – ein erhebliches Einsparpotenzial.
2. Auswirkungen der Lichtverschmutzung
Bedrohung für die Artenvielfalt: Künstliches Licht in der Nacht stört massiv die natürlichen Lebensrhythmen von Tieren und Pflanzen. Nachtaktive Insekten werden von Lichtquellen angezogen und verenden dort erschöpft oder werden leichte Beute für Fressfeinde. Schätzungen zufolge sterben jede Nacht Milliarden von Insekten an künstlichen Lichtquellen. Zugvögel werden durch Lichtglocken über Städten desorientiert, was zu Kollisionen mit Gebäuden führen kann. Bei Fledermäusen und anderen nachtaktiven Säugetieren werden Jagd- und Fortpflanzungsverhalten gestört.
Gesundheitsbeeinträchtigungen für den Menschen: Auch für den Menschen hat die ständige Beleuchtung negative Folgen. Die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin wird durch künstliches Licht, besonders durch blaues Licht, gehemmt. Dies kann zu Schlafstörungen, erhöhtem Stressempfinden und langfristig zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.
Energieverbrauch und Klimaschutz: Unnötige Beleuchtung verursacht einen erheblichen Energieverbrauch und damit CO₂-Emissionen. Dies steht im Widerspruch zu unseren Klimaschutzzielen und bedeutet vermeidbare Kosten für Kommunen und private Haushalte.
Kultureller Verlust: Der Nachthimmel mit seiner Sternenvielfalt ist ein kulturelles Erbe der Menschheit. Durch Lichtverschmutzung wird dieses Erlebnis zunehmend unmöglich – bereits heute können in Ballungsräumen wie dem Regionalverband Saarbrücken nur noch wenige Sterne wahrgenommen werden.
3. Innere Sicherheit und Lichtverschmutzung – ein vermeintlicher Konflikt
Häufig wird argumentiert, mehr Beleuchtung führe zu mehr Sicherheit. Diese Annahme ist wissenschaftlich nicht belegt. Studien zeigen, dass nicht die Helligkeit, sondern die Qualität der Beleuchtung entscheidend ist. Blendende, schlecht ausgerichtete Beleucung kann sogar das Sicherheitsgefühl vermindern und Kriminalität begünstigen, indem sie tiefe Schatten erzeugt.
Eine intelligente, bedarfsgerechte Beleuchtung, die nur dort und dann Licht spendet, wo und wann es benötigt wird, kann das subjektive Sicherheitsempfinden tatsächlich verbessern und gleichzeitig die negativen Auswirkungen der Lichtverschmutzung reduzieren. Bewegungsmelder, Zeitschaltuhren und dimmbare LED-Beleuchtung bieten hier moderne Lösungsansätze.
4. Lösungsansätze und Forderungen
Nach dem Vorbild des Naturschutzgesetzes in Baden-Württemberg fordern wir eine landesweite Initiative zur Reduktion der Lichtverschmutzung. Für den Regionalverband Saarbrücken schlagen wir folgende Maßnahmen vor:
Gesetzliche Regelungen:
- Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Saarländischen Naturschutzgesetzes mit verbindlichen Vorgaben zur Reduzierung von Lichtverschmutzung
- Festlegung von Schutzgebieten, in denen besonders strenge Beleuchtungsvorschriften gelten
- Ausweitung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf Beleuchtungskonzepte bei öffentlichen Bauvorhaben
Kommunale Maßnahmen:
- Erstellung eines Lichtkatasters für den Regionalverband Saarbrücken zur Erfassung der Ist-Situation
- Entwicklung eines nachhaltigen Beleuchtungskonzepts für den öffentlichen Raum
- Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf energieeffiziente, insektenfreundliche LED-Leuchten mit warmweißem Licht (max. 3000 Kelvin)
- Installation von Beleuchtungssystemen mit Bewegungsmeldern und intelligenter Steuerung
- Abschaltung oder Reduzierung dekorativer Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden nach 22 Uhr
Anreize und Bewusstseinsbildung:
- Förderung insektenfreundlicher Außenbeleuchtung bei Privathaushalten und Unternehmen durch Beratung und finanzielle Anreize
- Bildungs- und Informationskampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung
- Einrichtung einer „Nacht der Dunkelheit“ als jährliches Event im Regionalverband
- Unterstützung von Citizen-Science-Projekten zur Erfassung der Lichtverschmutzung
5. Fazit und Ausblick
Die Reduzierung der Lichtverschmutzung ist eine Querschnittsaufgabe, die Natur- und Artenschutz, Klimaschutz, Gesundheitsvorsorge und Energieeinsparung vereint. Mit einer intelligenten Beleuchtungsstrategie können wir gleichzeitig das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung berücksichtigen und stärken.
Der Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen Saarbrücken fordert daher ein zeitnahes und entschlossenes Handeln auf kommunaler und Landesebene. Wir setzen uns für eine umfassende gesetzliche Regelung nach dem Vorbild Baden-Württembergs ein und wollen die Lichtverschmutzung im dicht besiedelten Regionalverband Saarbrücken reduzieren. Dazu soll der Regionalverband als Modellregion für insektenfreundliche und energieeffiziente Beleuchtung etabliert werden.
Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen können wir einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten, dem Klimawandel entgegenwirken und die Lebensqualität für Mensch und Tier in unserer Region nachhaltig
verbessern.
Die KMV fordert die Fraktionen der Gruenen in den kommunalen Gremien des Regionalverbandes im Sinne des Antrages Anfragen und oder Anträge an die Verwaltungen zu richten. Über die Ergebnisse dieser Initiativen soll in einer der kommenden Kreismitgliederversammlungen berichtet