Dämme gegen rechts brechen
Aus der Kategorie Soziales
vom 22. Dezember 2023
Mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen nehmen die Friedrichsthaler Bündnisgrünen die jüngsten Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Jörn Walter zum Verhältnis zur AfD auf. Walter hatte – als Sprecher der rot-roten Minderheitskoalition im Stadtrat – in der jüngsten Sitzung am 20.12. das bisherige Verhalten der AfD im Rat ausdrücklich gelobt und seine Bereitwilligkeit zur weiteren Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen betont. Zumindest für ihn ist damit auf kommunaler Ebene die Abgrenzung seiner Partei von der AfD offenbar gegenstandslos. Die Bündnisgrünen sehen darin eine gefährliche Entwicklung.
Traditionell ziehen in der letzten Stadtratssitzung des Jahres der Bürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden ein Resümee der Geschehnisse des vergangenen Jahres: normalerweise eine Angelegenheit der politischen Etikette. In diesem Jahr fühlte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende indes aus unerfindlichen Gründen bemüßigt und befähigt, das Verhalten der anderen Fraktionen zu benoten. Begrüßen wollte Walter zunächst die – aus seiner Sicht verbesserte – Bereitschaft der CDU zur Kooperation mit seiner Minderheitskoalition. Respekt zollte er auch den beiden ehemaligen Mitgliedern der FDP-Fraktion für deren Austritte aus der Partei – deren Beweggründe aber nach wie vor im Dunkeln liegen. Die beiden hätten „klare Kante“ gezeigt, meinte Walter – warum auch immer. Nicht ganz so gut weg kamen bei Walter die Bündnisgrünen – zu denen ihm trotz Nachdenken nichts eingefallen sei: eine vermutlich ironisch gemeinte Bemerkung, die denn auch pflichtschuldig hämisches Gelächter bei Mitgliedern der Koalition auslöste.
Der Schwerpunkt von Walters Ausführungen betraf indes das Verhältnis zur AfD. Hier betonte er ohne Not und über jedes nachvollziehbare Maß hinaus seine Bereitschaft zur künftigen Zusammenarbeit mit der AfD: einer Fraktion, die sich zwar zumindest im Stadtrat durchaus – meist – moderat gibt, deren Mitglieder aber etwa auf Versammlungen der berüchtigten Spaziergänger und Trommler permanent präsent sind, bei denen offen und bedrohlich verfassungsfeindliche Parolen verbreitet werden. Die jetzige Regierung, hieß es dort etwa auf Transparenten, sei die schlechteste, díe Deutschland (!) je gehabt habe – und das schließt logisch zwingend die Jahre zwischen 1933 und 1945 mit ein.
Der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Horst-Henning Jank, bewertet das Geschehene als Dammbruch:
Wir erleben in Friedrichsthal, wie politische Kultur durch das bloße Bedienen dumpfer Instinkte verdrängt wird. Das hat sich schon in der gezielten Kampagne gegen die Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen in der Helenenhalle gezeigt – und in dem Spießrutenlauf, der für unsere Fraktion im Stadtrat letztens – zwar dilettantisch, aber ganz bewusst - inszeniert worden ist. Die Schreckensmeldungen über die Zustände in der Halle haben sich indes als maßlos übertrieben erwiesen – was jüngst eben mal nonchalant am Rande eingeräumt wurde.
Wir erleben gerade, wie die Dämme gegenüber den Rechtsextremen brechen und wie allenthalben Affinität zu deren Positionen sichtbar wird – nicht nur bei Vertretern der rot-roten Koalition. Wir warnen eindringlich davor, auf diese Art und Weise die Extremisten hoffähig zu machen. Wohin mangelnde Abgrenzung von ihnen führt, hat sich jüngst erst wieder in den Niederlanden gezeigt.
Horst-Henning Jank
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