Nachhaltige Flächenpolitik für den Regionalverband

Warum wir weniger Fläche verbrauchen sollten

Fläche ist ein knappes Gut und wird immer teurer. In den letzten 60 Jahre hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum wuchs die Bevölkerung um gerade mal knapp 14%. Seit ca. 25 Jahren liegt die Einwohnerzahl mit leichten Schwankungen zwischen 81,5 und 83 Millionen. Im gleichen Zeitraum ist die beanspruchte Fläche weiter um ca. 25 % gewachsen. Zuletzt (2020) wurden immer noch täglich 54 ha neu ausgewiesen – für Neubaugebiete, Industrieansiedlungen, Straßen und sonstige Infrastruktur – zulasten von Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Das entspricht etwa der Größe von 75 Fußballfeldern.

Durch die Zersiedlung werden zusammenhängende Lebensräume von Pflanzen und Tieren zerschnitten und die Artenvielfalt nimmt weiter rapide ab. Bei wachsender Weltbevölkerung gehen landwirtschaftlich nutzbare Flächen verloren. Durch Versiegelung werden lebenswichtige ökologische Funktionen der Böden gefährdet: Regenwasser kann weniger gut versickern und die Grundwasservorräte auffüllen. Das Risiko von örtlichen Überschwemmungen nimmt zu. Das Kleinklima wird negativ beeinflusst (weniger Verdunstung, Kühlung und Schatten). Die natürliche Bodenfruchtbarkeit wird massiv beeinträchtigt. Und einmal versiegelte Böden lassen sich nur schwer wieder in fruchtbare Flächen zurück verwandeln.

Daneben geht die Ausweisung neuer Siedlungs- und Gewerbeflächen auch immer mit langfristigen Folgekosten für den Erhalt der neuen Baugebiete, für Verkehrswege und Leitungen einher. Doch schon jetzt haben Länder und Kommunen massive Probleme, die bereits vorhandene Infrastruktur intakt zu halten.

Eine ökologische, intelligente Siedlungsentwicklung schont wertvolle Lebensräume und setzt stattdessen auf behutsame Verdichtung.

Nachhaltige Flächenpolitik

Es stellt sich dringender denn je die Frage, wie wir mit Baulücken umgehen. Brachflächen und leerstehende Gebäude behindern nicht nur eine lebendige Innenstadtentwicklung, sondern tragen auch zur Verödung der Städte beziehungsweise zur Zersiedlung der Angebote bei.

Dagegen gibt es viele Vorteile, wenn solche Freiflächen bebaut werden: Durch die zentrale Lage erreicht man zu Fuß oder mit dem Rad schnell die Innenstadt oder das Ortszentrum, und entlastet damit die Straßen und das Klima. Eine gezielte Innenentwicklung schont deshalb die Umwelt, steigert die Lebensqualität der Menschen und spart Kosten. „Innenentwicklung“ vermindert nicht nur den Flächenverbrauch, sondern trägt auch zur Auslastung bestehender Infrastrukturen bei – und senkt damit die Kosten für Bürger*innen und Kommunen. Wir wollen knappe Flächen bestmöglich nutzen, auch damit die Preise bezahlbar bleiben.

Die Kommunen im Regionalverband brauchen eine nachhaltige Flächenpolitik. Indem man Brachflächen und leerstehende Gebäude reaktiviert, können gewachsene Strukturen erhalten und gestärkt werden. Kompakte Siedlungsstrukturen, in denen unterschiedliche Lebensbereiche und Funktionen (Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Freizeit, …) nah beieinander bestehen, gilt es zu fördern. Die Inanspruchnahme neuer Flächen vor allem am Orts- oder Stadtrand sollte so weit wie möglich reduziert werden.

Doppelte Innenentwicklung

Parks, Grünflächen und Gärten verbessern die Luftqualität und das Mikroklima, sie dämpfen Lärm, sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen und tragen so zum Erhalt der Biodiversität bei, sind Reserveflächen für Hochwasser- beziehungsweise Starkregenereignisse, leisten einen Beitrag zur Grundwasserneubildung und zum Bodenschutz. Sie sind zudem Orte der Erholung mit vielfältigen sozialen Funktionen. Sie verbessern das Wohlbefinden und die Lebensqualität in Städten und Kommunen. Zu den wichtigsten Aufgaben der kommunalen Planung gehört darum, neben der effizienten Flächennutzung, auch der Erhalt bestehender und die Entwicklung neuer urbaner Grünstrukturen. Für die Kommunen entsteht somit ein Spannungsfeld zwischen baulicher Verdichtung einerseits und der Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen durch städtisches Grün andererseits. Hier setzt das Leitbild der „doppelten Innenentwicklung“ an. In einem integrierten Ansatz werden Flächenreserven im Bestand sinnvoll baulich genutzt, gleichzeitig aber auch innerstädtische Freiflächen entwickelt, miteinander vernetzt und qualitativ verbessert.

Nachverdichtung bedeute darum nicht nur Baulücken mit neuen Gebäuden und Plätzen zu füllen, sondern auch den Ausbau von Dachgeschossen, das Aufstocken bestehender Gebäude, oder den Umbau leerstehender Gewerbe- oder Bürogebäude zu neuen Wohnungen.

Entwicklung von städtischem Grün bedeutet nicht nur den Erhalt bestehender Parkanlagen, sondern auch die Begrünung von Dächern und Fassaden, das Pflanzen neuer Alleebäume, die Entsiegelung und Begrünung bestehender Grauflächen wo immer dies möglich ist und der Rückbau von Schottergärten.

Die Umsetzung von Zielen und Strategien zur doppelten Innenentwicklung bedarf der politischen Rückendeckung. Die politischen Entscheidungsträger in den Kommunen müssen hinter den Zielen der doppelten Innenentwicklung stehen. Nur so kann gewährleistet werden, dass diese Zielsetzungen nicht in jedem anstehenden Planungsfall erneut infrage gestellt werden. Darum ist die Herbeiführung entsprechender Grundsatzbeschlüsse über Leitbilder und Strategien zur doppelten Innenentwicklung durch die Stadt- und Gemeinderäte unbedingt notwendig. Ohne Festlegung eines Ziels gibt es kein sicheres Ankommen!

Flächenmanagement, Aktivierung von Potenzialflächen

Das Saarland und der Regionalverband sind beim Thema Baulanderfassung und Flächenmanagement immer noch Entwicklungsland. Instrumente zur Mobilisierung von Flächenpotenzialen, wie etwa öffentlich zugängliche Baulückenkataster sucht man hier vergeblich. Dabei werden entsprechende Informationen auf Verwaltungsebene durchaus erfasst, so führt der Regionalverband z.B. ca. 5700 Baulücken oder minder bebaute Grundstücke, davon 3300 in rechtskräftigen Bebauungsplänen. Um das Prinzip „Innen vor Außen“ mit Leben zu füllen, bräuchte es eine klare Strategie zur Aktivierung dieser Flächenpotenziale. Angesichts des Wohnraummangels wäre es an der Zeit, ein Baulückenprogramm nach Kölner Vorbild, mit direkter Ansprache der Eigentümer und kostenloser Beratung zu Fördermöglichkeiten, auf den Weg zu bringen. Dringend notwendig ist auch ein öffentlich zugängliches kommunales Baulückenkataster und ein modernes Flächenmanagement-Tool auf Landesebene.

Die überwiegende Zahl der unbebauten Grundstücke befindet sich in Privatbesitz. Kommunen haben in der Regel keine Möglichkeiten die Eigentümer zur Nutzung oder zum Verkauf ihrer Flächen zu zwingen. Durch die Einführung der Grundsteuer C kann aber ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, solche Grundstücke einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung zuzuführen, und der Bodenspekulation entgegen zu wirken. Kommunen mit wachsendem Wohnungsbedarf sollten auch dieses Mittel nutzen, um zusätzliche innerörtliche Flächen zu aktivieren.